Keine Belohnung für Leidenschaft und Einsatz
Die Bilder in der Gymnasiumhalle, einst so etwas wie eine Festung, ähneln sich in dieser Saison: Jubelszenen liefert meist nur der Gegner. Das war auch dieses Mal nicht anders. Denn trotz einer klaren Steigerung stand für die weiterhin das tabellarische Schlusslicht bildenden Zweitliga-Handballerinnen der HSG Gedern/Nidda letztlich die nächste Niederlage zu Buche. Im richtungsweisenden Kellerduell gegen den BSV Sachsen Zwickau unterlag der Aufsteiger haarscharf mit 24:25 (14:10).
HSG Gedern/Nidda –
BSV Sachsen Zwickau 24:25
Christian Breiler traf den Nagel ziemlich genau auf den Kopf. „Die Leistung“, sagte der HSG-Trainer, „war in Ordnung, das Ergebnis nicht.“ Seine Mannschaft hatte zweifelsfrei die richtige Antwort auf das Herrenberg-Spiel geliefert, sie hatte sich mit viel Herzblut und Feuereifer in das Duell gegen Zwickau geworfen. „Die Leidenschaft und der Einsatz, wie wir Abwehr gespielt haben, waren positiv“, urteilte Breiler. Was jedoch fehlte, war die Cleverness, den Lohn für diese Energieleistung einzufahren.
Von der ersten Sekunde an packte der Tabellenletzte in der Deckung sehr beherzt zu, stürzte sich mit unbändigem Willen in jeden Zweikampf. Deshalb blieb es bis zum 3:3 (8.) ein Spiel auf Augenhöhe. Doch mit dieser Herrlichkeit war es schnell vorbei. Als sich die HSG plötzlich zu viele Fehler im Angriffsspiel leistete, nutzte Zwickau dies gnadenlos aus, stellte mit Gegenstößen auf 3:7 (11.). Zu diesem Zeitpunkt musste man befürchten, dass den Wetterauerinnen dieses Spiel sehr früh gänzlich entgleitet.
Doch mehr oder weniger aus dem Nichts nahm diese Partie eine Wendung. Nun baute Zwickau seinen Gegner mit einigen Unzulänglichkeiten auf. „Es ist unerklärlich, warum wir das Spiel so aus der Hand gegeben haben“, ärgerte sich BSV-Trainer Norman Rentsch, der mitansehen musste, wie seine Mannschaft einen um den anderen Ball herschenkte und gute Chancen ausließ. Derweil spürte man bei der HSG, wie mit jeder gelungenen Aktion das Selbstvertrauen exponentiell stieg, wie sie die Begegnung sukzessive auf ihre Seite zog.
Die Deckung avancierte mehr und mehr zu einem Bollwerk, das jede noch so kleine Nahtstelle im Kollektiv verdichtete. „Wir haben nicht erst bei sechs Metern angefangen, Abwehr zu spielen, sondern sind auf neun Meter raus und haben Zwickau an den Punkt gebracht, wo sie keinen Bock mehr hatten“, erklärte Rechtsaußen Kirsten Schindler. So spielte sich Gedern/Nidda in einen wahren Rausch. Die in der ersten Hälfte sehr starke Halbrechte Johanna Becker vollendete einen 4:0-Lauf mit einem Durchbruch zum 7:7 (17.), Linksaußen Isabell Schüler besorgte erst im erweiterten Gegenstoß das 10:9 (23.) und per schneller Mitte sogar das 12:9 (25.), ehe die Gastgeberinnen nach einem begeisternden 11:3-Zwischenspurt mit einer 14:10-Führung in die Pause gingen.
Genauso euphorisiert machte die HSG nach Wiederbeginn weiter, bewahrte sich einen komfortablen Vorsprung, führte nach 40 Minuten mit 18:13 und nach 47 Minuten mit 21:17. Die Antwort, weshalb dies nicht genügte, weshalb dann ein verhängnisvoller Bruch ins Spiel kam, lässt sich vermutlich nicht so einfach ergründen. War es die Angst vorm Gewinnen? „Ja, dieses Gefühl habe ich. Aber ich weiß nicht warum“, meinte Schindler. Breiler kritisierte, dass „uns diejenige fehlt, die Verantwortung übernimmt und das Spiel in die richtige Richtung leitet“. Die Konsequenz: Die Angriffe wurden kopflos, man geriet ins drohende Zeitspiel und verlor in drei aufeinanderfolgenden Offensivaktionen das Harzleder, auch defensiv war die Präsenz des ersten Abschnitts nicht mehr vorhanden. Zwickau holte so Tor um Tor auf, hatte die Partie beim 21:22 (53.) gedreht.
Die Möglichkeiten, eine erneute Wende herbeizuführen, waren freilich da. Doch der HSG gelang es nicht, diese in der entscheidenden Phase zu verwerten. Zwickaus Linksaußen Jenny Choinowski stellte dann mit einem Rückraum-Kracher auf 23:25 (59.). Gedern/Niddas Halblinke Kristin Amos verkürzte 55 Sekunden vor Schluss zwar auf 24:25. Doch die Sächsinnen waren abgezockt genug, die verbleibende Zeit von der Uhr zu nehmen.
„Gedern/Nidda hat ein tolles Spiel gemacht und einen großen Fight geliefert“, analysierte BSV-Trainer Rentsch. „Für uns waren das zwei ganz wichtige Punkte, solche Siege sind manchmal auch etwas dreckig.“ Und so jubelten in der Gymnasiumhalle am Ende nur die Gäste. Mal wieder.
Quelle: Kreis-Anzeiger (28.01.2019)