Tabellenführer Ketsch in Nidda bärenstark

Gedern/Nidda (flo). Völlig gedankenverloren stand Leonie Nowak auf dem Spielfeld. Die Hände auf die Knie gestützt, den Blick ins Nichts gerichtet. Erst nach ein paar guten Worten von Mitspielerin Stefanie Thiele erhellten sich Nowaks Gesichtszüge wieder. „Wir waren am Spitzenreiter dran, kommen dann aus der Kabine und geben das Spiel in vier Minuten ab. Das war so ärgerlich“, haderte die Kreisläuferin des Handball-Zweitligisten HSG Gedern/Nidda. Nach einer guten ersten Hälfte handelte sich der Aufsteiger gegen die weiterhin verlustpunktfreien Kurpfalz Bären deshalb letztlich eine deutliche 23:36 (12:15)-Niederlage ein.

HSG Gedern/Nidda – Kurpfalz Bären 23:36

„Das ist kein Beinbruch“, ordnete Trainer Christian Breiler die keineswegs überraschende Heimpleite ein. „Ein paar Gegentore weniger, dann wäre ich zufrieden gewesen. So ist es etwas ärgerlich und ein bisschen zu hoch, weil es die Leistung aus der ersten Halbzeit schmälert.“

In dieser lieferte die HSG einen sehr couragierten und stellenweise begeisternden Auftritt ab, spielte bis auf wenige Kleinigkeiten sehr konzentriert und schaffte es so, dem Tabellenführer aus Ketsch Paroli zu bieten. Insbesondere auch deshalb, weil die Wetterauerinnen im Angriff mit einer disziplinierten, aber gleichermaßen zielstrebigen und variablen Spielanlage immer wieder gute Lösungen gegen die 5:1-Abwehr der Kurpfalz Bären fanden und somit deren gefürchtetes Gegenstoßspiel bereits im Keim erstickten. „Die Abwehr hat gestanden und wir haben vorne unsere Sachen runtergespielt“, fand Nowak. Als Rechtsaußen Kirsten Schindler nach mustergültigem Abräumen per Heber auf 5:4 (11.) stellte, lag das Breiler-Team sogar erstmals vorne. Die Spielgemeinschaft ließ sich auch nicht beirren, als der Spitzenreiter auf eine 6:0-Formation umstellte, agierte vielmehr bis zum 9:9 (22.) auf Augenhöhe. Als danach jedoch zwei Angriffe in Ballverlusten mündeten, erspielten sich die Bären eine 12:9-Führung (24.) und lagen zur Pause schließlich mit 15:12 vorne.

Was dann folgte, war gewissermaßen eine Machtdemonstration des Aufstiegskandidaten. Die Baden-Württembergerinnen schalteten mindestens einen, vielleicht auch zwei Gänge hoch, nutzten die Fehler des Gegners für Gegenstöße und schraubten den Vorsprung mit höllischem Tempo und maximaler Konsequenz in kürzester Zeit in die Höhe. Als Rückraumspielerin Saskia Fackel in der zweiten Welle auf 12:19 (34.) stellte, war die Begegnung im Grunde entschieden. Binnen drei Minuten hatte Ketsch eine offene Partie in eine glasklare Angelegenheit verwandelt, den Kontrahenten förmlich überrollt.

Gnadenlose Gäste

Und die Gäste blieben gnadenlos, schalteten nach Ballgewinnen in atemberaubender Geschwindigkeit um, feuerten ihre Würfe aus allen Lagen ab. Kurzum: Sie spielten Handball in Perfektion. Die HSG war hoffnungslos unterlegen, bekam defensiv die Räume gegen das druckvolle und rasante Angriffsspiel nicht mehr verdichtet, verlor auch vorne ihre Linie und scheiterte zuhauf an der starken Torfrau Sabine Stockhorst (14 Paraden). Es war nun schlichtweg ein Klassenunterschied zu erkennen. Doch nicht nur für die Breiler-Sieben, sondern offenbar auch für die Sekretäre ging nun vieles zu schnell. Diese schrieben nämlich den Gästen einen HSG-Treffer gut und korrigierten diesen Fehler in der Folge nicht mehr. Tatsächlich hatten die Wetterauerinnen nicht mit 13, sondern nur mit elf Toren verloren. Angesichts der Deutlichkeit des Resultats ist dies allerdings nicht mehr als eine Randnotiz. Den Schlusspunkt setzten die Bären dann im Stile eines Top-Teams: Mit einem schönen Kempa-Tor besorgte Linksaußen Elena Fabritz den 23:36-Endstand.

„Wir haben zu einfache Fehler gemacht, die in dieser Liga sofort bestraft werden. Aber wir müssen lernen, auch in einem solchen Spiel und bei einem hohen Rückstand unseren Stiefel weiterzuspielen. Da lassen wir uns manchmal so ein bisschen hängen, da fehlt etwas die Körpersprache“, konstatierte HSG-Coach Breiler. Festzuhalten bleibt allerdings auch, dass die erste Halbzeit viele positive Ansatzpunkte bot. „Es gibt andere Gegner, gegen die wir hoffentlich wieder punkten“, sagte Breiler. Die nächste Chance dazu besteht nach einem spielfreien Wochenende am 10. November beim FSV Mainz 05.

Quelle: Kreis-Anzeiger (29.10.2018)