Niederlage, die Laune macht
Das war ein Spektakel, das war begeisternd. „So macht Handball Spaß“, sagte Trainer Christian Breiler. Gegen den neuen Tabellenfünften SG 09 Kirchhof präsentierten sich die Zweitliga-Handballerinnen der HSG Gedern/Nidda ganz und gar nicht wie ein Absteiger, sondern lieferten vielmehr eine ihrer besten Saisonleistungen ab. Einzig die Belohnung dafür blieb aus: Als die Schlusssirene ertönte, leuchtete nämlich eine denkbar knappe 25:26 (12:13)-Niederlage auf der Anzeigetafel.
HSG Gedern/Nidda –
SG 09 Kirchhof 25:26
Ganz am Ende, als sich die Wetterauerinnen nach einem zwischenzeitlichen Sechs-Tore-Rückstand mit einem Kraftakt tatsächlich noch einmal auf einen Treffer herangekämpft hatten, hielt es in der Gymnasiumhalle niemanden mehr auf seinen Sitzen. Und plötzlich tat sich sogar die große Gelegenheit zum Ausgleich auf. Ein technischer Fehler der nordhessischen Gäste ermöglichte der HSG einen finalen Angriff, Trainer Breiler nahm 28 Sekunden vor Schluss eine Auszeit, versuchte es mit der siebten Feldspielerin. Der Plan: „Wir wollten auf der rechten Abwehrseite die Leute binden, um auf der linken Seite eine Überzahl zu haben.“ Das klappte. Allein das Anspiel von Mittelfrau Hannah Niebergall war zu ungenau, landete nicht bei Linksaußen Alicia Pfaff, sondern kullerte ins Toraus. Weg war sie, die Hoffnung auf einen Punktgewinn.
Was an der Gesamteinordnung freilich nichts änderte. „Ansonsten“, konstatierte Breiler, „war das top. Wir haben kämpferisch alles in die Waagschale geworfen und im Unterschied zu anderen Spielen, in denen wir mal mit fünf, sechs Toren hinten waren, auch nicht nachgelassen.“ Und weiter: „Das war ein begeisterndes Handballspiel. Die, die nicht da waren, haben etwas verpasst.“
Wohl keiner der 450 Zuschauer würde dem Gedern/Niddaer Trainer dabei widersprechen. Von Anfang an entwickelte sich eine rasante und intensive Begegnung, die ersten zehn Minuten gingen in einem atemberaubenden Tempo vonstatten. Doch die Gastgeberinnen hielten Schritt, verteidigten aufopferungsvoll gegen das wuchtige und präzise Kirchhofer Hochgeschwindigkeitsspiel, agierten zudem vorne spielerisch ansprechend und mit viel Kampfkraft. Dass sie mehrfach nach Abprallern im zweiten Anlauf zum Erfolg kamen, war nicht unbedingt Zufall. So traf etwa Isabell Schüler im Nachsetzen zum 12:12-Ausgleich (29.). Danach hatte die Linksaußen sogar die Chance zur Führung, scheiterte aber an der Latte, was Kirchhof im Gegenzug mit dem Pausen-12:13 bestrafte. Die Chancenverwertung war im Grunde das einzige Manko der Breiler-Truppe, die in der ersten Hälfte 15 Fehlwürfe und schlussendlich deren 24 anhäufte, dabei aber nicht nur an der bärenstarken SG-Torfrau Frederikke Siggaard (15 Paraden) scheiterte, sondern auch Pech mit Lattenkrachern hatte.
Dass Kirchhof kurz nach der Pause auf eine 5:1-Abwehr umstellte, machte Gedern/Nidda in Kombination mit der weiterhin nicht optimalen Verwertung der Einwurfgelegenheiten zu schaffen. „Da haben manche Abläufe nicht so gepasst, darauf mussten wir uns erstmal einstellen“, sagte Breiler. So gelang es den Gästen, sich sukzessive etwas Luft zu verschaffen. Erst traf Rückraumspielerin Diana Sabljak per Siebenmeter zum 16:20 (43.), dann Kreisläuferin Dione Visser per Gegenstoß zum 18:24 (47.).
Man durfte vermuten, dass dies eine Vorentscheidung sei. Das allerdings war nicht der Fall. „Wir hatten die Möglichkeit, den Sack zuzumachen, haben das aber leider nicht geschafft“, befand SG-Trainer Christian Denk. Im Gegenteil: Die HSG gab sich nicht auf, sondern spielte sich mit intensiver Deckungsarbeit, der guten Torfrau Sandra Elisath (14 Paraden) und angetrieben von den Treffern von Kristin Amos (13 Tore) in einen Rausch. Einen 5:0-Lauf vollendete die Rückraumlinke mit dem 23:24-Anschluss (57.).
Die Halle kochte – und Kirchhof suchte nach Lösungen. Die Trainer Denk jedoch fand. Zweimal brachte er die siebte Feldspielerin, zweimal traf sein Team und behauptete so den knappen Ein-Tor-Vorsprung. Ehe Niebergalls letzter Pass nicht sein Ziel fand und die Nordhessinnen jubeln durften. „Alle haben viel in dieses Spiel investiert, für uns zählen am Ende nur die beiden Punkte“, resümierte Denk. Und HSG-Coach Breiler? Er lobte „die tolle Atmosphäre sowie das umkämpfte Spiel“ – und will mit seiner Mannschaft nun am nächsten Samstag gegen Trier doppelt punkten.
Quelle: Kreis-Anzeiger (06.05.2019)